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English summary: In this blog post, our international student ambassador, who transferred to the University of Tartu from a German institution, shares some insights on how he came into contact with Tartu as an exchange student and explains why and how he ended up studying here as a full-time degree-seeking student. As he walks through his own experiences, he tells us why Tartu, and Estonia in general, is a hidden gem on the map of international student hotspots and shares some of his favorite things about our beautiful city and university.
Angenommen, du hättest die Wahl, für ein Auslandsjahr an einen beliebigen Ort der Welt zu fliegen, welchen würdest du wählen?
Wenn du an Estland gedacht hast, dann möchte ich dich in der Minderheit der Menschen begrüßen, die die gleiche Entscheidung getroffen haben.
Während sich meine damaligen Kommilitonen in Bielefeld nämlich für die USA, Australien oder aber für traumhafte Küstenstädte in Südeuropa entschieden haben, wählte ich dieses kleine Baltische Land im Norden Europas.
Was in den knapp zwei Jahren nach dieser Entscheidung geschah, könnte man in aller Bescheidenheit als die aufregendste, abenteuerlichste und lehrreichste Zeit meines Lebens bezeichnen, geprägt von vielen Dingen, aber vor allem von Bekanntschaften mit Menschen aus über 30 verschiedenen Ländern und vor allem mit mir selbst.
Leben im Studentenwohnheim, ein internationaler Freundeskreis und Nordlichter
Diese Überschrift ist wohl die treffendste, wenn ich mein erstes Semester mit nur drei Dingen beschreiben müsste – aber keine Sorge, natürlich gab es auch Parties.
Ich habe in mein erstes Jahr in Tartu als Austauschstudent gestartet, wobei sich dies allerdings nach einiger Zeit ändern sollte. Die ersten Wochen nach Ankunft habe ich die meiste Zeit mit einer Gruppe von überwiegend deutschen Freunden verbracht, die ich während eines estnischen Intensivsprachkurses kennengelernt hatte. Der Großteil der internationalen Leute kam erst Ende August an. Allerdings war es genau diese große Gruppe von Menschen, die das Wohnheim zum Leben erweckten, denn wann immer man den Flur betrat, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass man neue Leute traf. Für mich war es das erste Mal, dass ich in einem Wohnheim lebte, aber es war sicherlich die beste Zeit während meines Aufenthalts. Die meisten der internationalen Studenten hier leben in den Wohnheimen, die sich nicht weit vom Rathausplatz im Stadtzentrum befinden. Diese hohe Konzentration von jungen internationalen Menschen macht es zu einem sehr attraktiven und vielfältigen Ort.
Während des Semesters habe ich haufenweise Leute aus der ganzen Welt kennengelernt, und obwohl ich die meiste Zeit mit den Erasmus-Leuten verbracht habe, habe ich auch Freundschaften mit lokalen Vollzeitstudenten aufbauen können. Das gab mir die Möglichkeit, Tartu und Estland neben dem spannenden Erasmus-Semester auch von einer anderen Seite kennenzulernen. In diesem ersten Semester habe ich fast jede Gelegenheit genutzt, um nicht nur Estland, sondern auch die anderen baltischen Länder, Lettland und Litauen, sowie Finnland zu entdecken. Mein Highlight in dieser Zeit war sicherlich die Reise nach Saariselkä, im finnischen Lappland, wo ich eines meiner größten Ziele auf meiner Bucketlist abhaken konnte: Nordlichter beobachten. Das ist in der Tat eines der Dinge die mir Italien oder Spanien nicht hätten bieten können.
2020…
Als ich von einer Reise nach Deutschland und Frankreich, welche ich nach dem ersten Semester unternommen habe, wieder nach Estland zurückkam, musste ich erneut Abschied nehmen, von jenen Freunden, die nicht bereits im Dezember wieder zurück nachhause gekehrt waren. Obendrein kursierten zu der Zeit merkwürdige Nachrichten im Netz, welche eine bevorstehende globale Pandemie ankündigten.
Das war sicherlich eine emotional unangenehme Zeit, aber das Gute an Tartu ist, dass Sorgen als solche nicht lange bleiben. Die Umgebung trägt sehr stark dazu bei, auch schwierige Zeiten zu überstehen und bei Verstand zu bleiben. Dies liegt wahrscheinlich an der sehr entspannten Atmosphäre die in der Stadt, wenn nicht sogar im gesamten Land herrscht. Dies konnte ich wenig später nach Ankunft des Coronavirus in Estland selbst bestätigen. Obwohl die Auswirkungen nicht so stark waren wie in südeuropäischen Ländern oder den USA, waren sie auch hier deutlich zu spüren, insbesondere was den alltäglichen Lifestyle und soziale Aktivitäten anbetraf. Während dieser Zeit war ich bereits in eine andere WG im Stadtzentrum umgezogen und die größte Veränderung für mich war nicht nur die Farbe meiner vier Wände, sondern auch die Tatsache, dass ich nun mit einigen lokale Esten zusammenlebte. Das war eine sehr interessante Erfahrung, da ich so mehr über Estland und die estnische Kultur erfahren konnte. In dieser Zeit habe ich auch intensiv darüber nachgedacht, wie es nach meiner Erasmus-Zeit in Tartu weitergehen soll. Es fiel mir sehr schwer, mich mit dem Gedanken anzufreunden, das Land und somit meine neue Heimat Tartu wieder verlassen zu müssen. Letztlich hatte sie soviel an sich, wie etwa die schönen Spazierwege entlang des Flusses Emajõgi, welcher das Stadtzentrum im Herzen trennt, die Natur in der Umgebung der Stadt, welche wir regelmäßig aufsuchten um abzuschalten, sowie die Universität, die mir das Gefühl gab, ein wertvoller Teil ihrer Kultur zu sein. Es war um den Sommer herum, als ich viel Zeit mit lokalen Freunden verbrachte, welche letztlich die Idee in mir entfachten, an die University of Tartu zu wechseln und das Studium hier abzuschließen. Zunächst klang das eher nach einem Scherz als nach einem ernsthaften Plan, aber Letzteres stellte sich als Realität heraus.
Im Sommer habe ich schließlich meine Bewerbungsunterlagen ausgefüllt, um mein Studium hier in Tartu fortzusetzen. Meine Gründe waren einfach: das Leben in Tartu als internationaler Student ist großartig und trotz der überschaubaren Größe der Stadt gibt es jeden Tag neue Abenteuer zu entdecken und tolle Menschen die einem über den Weg laufen. Die Universität selbst ist hoch angesehen und liefert eine hervorragende Ausbildung, die ich persönlich sehr genieße, und das Land hat noch so viele Orte die es zu entdecken gilt. Angefangen von den Nationalparks, über die Inseln Saaremaa und Hiumaa, bis hin zu den traditionellen estnischen Rauchsaunen, die in der Nähe von Seen und Flüssen in traumhaft schönen Wäldern versteckt sind.
Seit September 2020 bin ich offiziell ein internationaler Student hier an der Universität und muss sagen, dass, obwohl ich in den letzten zwei Semestern 45 ECTS (freiwillig) belegt habe, das Arbeitspensum fair und das Lernen effektiv bleibt, und das alles in einem Leben, das immer noch ausgeglichen ist. Um diese Zeit, die mein drittes Semester in Tartu ist, begann ich bereits, mich wie ein lokaler Einwohner zu fühlen. Zu diesem Zeitpunkt (nach nur einem Jahr) kannte ich bereits alle Ecken der Stadt und hatte tolle Erinnerungen an alle möglichen Orte, welche ich in meinem Alltag in der Stadt durchqueren würde. Während das erste Jahr für mich eher ein Erkundungsabenteuer war, bewege ich mich im zweiten und aktuellen Jahr schnell auf den Abschluss zu. In diesem Semester hatte ich die Freude, meine neuen Kommilitonen aus dem BBA-Programm kennenzulernen, in welches ich transferiert bin. Während wir nun wieder mit verschärften Einschränkungen konfrontiert sind, war es uns dennoch möglich, im neuen Delta-Gebäude unserer Fakultät zu studieren und Zeit zu verbringen. Dies macht das Leben zu Semesterzeiten deutlich besser, da das Gebäude nicht nur gleich am Fluss liegt, sondern auch innerhalb die ideale Lernumgebung zu bieten hat.
Haufenweise Schnee, der Abschluss in Sicht und Karriereperspektiven
Wie du vermutlich ahnen konntest, sind die Winter hier im Norden ein wenig anders als im Rest der Welt. Dieses Jahr hatten wir besonders viel Schnee… und damit meine ich eine Ganze Menge. Das schöne daran ist, dass die Stadt sich im Winter nichtmehr wie eine einfache Stadt im Norden Europas sondern eher wie Narnia anfühlt.
Dies ist der erste Winter meines Lebens, in welchem ich Eisbaden war, und es war wahrscheinlich die beste Art von Spa, die ich mir bisher gegönnt habe. Wenn du dich für jegliche Arten von Winteraktivitäten begeisterst, dann ist Estland der richtige Ort für dich. Obwohl es sehr kalt und dunkel sein kann, war es mit der Menge an Schnee, die wir dieses Jahr hatten, sehr angenehm. Vor allem, wenn einem die Hausarbeiten und Prüfungsvorbereitungen um die Ohren fliegen, kann selbst ein kurzer Spaziergang am Fluss im schneebedeckten Tartu Wunder bewirken. Das gilt besonders jetzt in meinem letzten Semester an der Uni. Ich belege derzeit erneut 45 ECTS (freiwillig natürlich), um mein Studium flott zu beenden und im Juni meinen Abschluss zu machen. Ich muss zugeben und schätze es sehr, dass das Online-Studium an der Universität Tartu sehr gut funktioniert. Wir erhalten viel Unterstützung von den Dozenten, die sich bemühen, so viel wie möglich für unsere Anliegen da zu sein.
Wenn du Wert auf eine qualitativ hochwertige universitäre Ausbildung legst, die auch in schwierigen Zeiten professionell durchgeführt wird, dann möchte ich dich ermutigen, dir Tartu einmal genauer anzusehen. Diese Qualität spiegelt sich auch in den zukünftigen Berufsaussichten der Absolventen des BBA-Programms in Tartu wider. Ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen, dass es kein Problem sein wird, die Chancen auf einen erfolgreichen Karrierestart zu haben. Die Herausforderung besteht nach einem Abschluss an der University of Tartu sicher nicht darin eine Anstellung zu finden, sondern eher, sich für eine der großartigen Möglichkeiten zu entscheiden, und das trotz der angespannten Bedingungen und der Konkurrenzsituation auf dem aktuellen Arbeitsmarkt.
Obwohl ich Estland liebe, sieht es derzeit so aus, als würde ich mich nach dem Studium in das nächste Abenteuer irgendwo in Europa stürzen, aber das ist genauso ungewiss wie meine damalige Rückkehr nach Deutschland nach meinem Erasmusjahr. Wer weiß… Vielleicht bleibe ich ja auch nach meinem Abschluss hier. Estland birgt stets neue Überraschungen und Abenteuer, die es täglich zu entdecken gibt.
Mete
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